How deep is your love?
15.5.2023

Neuro-Hype, Meditation ( und Muttertag )

Was spüren wir da eigentlich, wenn wir Yoga üben, atmen, schwitzen, still werden? Wenn wir meditieren? Nur uns selbst, unsere Knochen, die sanfte Bewegung unserer Bauchdecke, den Grillgeruch vom Nachbarbalkon, die jähe Einsicht, dass sich was ändern muss? Oder gibt es, behaupten Yogis seit jeher steif und fest, in der Praxis eine sogenannte tiefere Erkenntnis, einen plötzlichen Einblick in verborgene Zusammenhänge oder zumindest das eigene Bewusstsein? Womit wir beim Problem sind. Denn so sehr Neurowissenschaftler durch bildgebende Verfahren anzeigen können, welche neuronalen Netzwerke im Gehirn aktiv sind zum Beispiel, wenn wir unserer ersten Liebe wieder begegnen, werden sie niemals beschreiben können, ob es sich komisch anfühlt (vermutlich) und was genau dabei passiert. Diesen Prozess wiederum frei ohne Wertung und Vorurteilen beschreiben zu wollen, also sich vom eigenen Standpunkt zu distanzieren und Objektivität anzustreben, ist ein hehres Ziel, zugleich ein frommer Wunsch und trotzdem ein guter Plan. Und uns Yogis wohlbekannt. 

Wie ging das nochmal mit dem Meditieren? Descartes hat es in seinen „Meditationes“ beschrieben. Man wähle einfach einen Standpunkt, von dem man sich auf die eigenen Erfahrungen mentaler Ereignisse konzentriert und diese dann artikuliert. Und zwar mit dem Anspruch, durch die eigene Perspektive mentale Zustände so richtig zu erkennen. Einige Philosophen haben damit ein Problem, weil sie finden, dass das, was wir da erkennen, null objektiv ist, sich demnach diejenigen, die sowas behaupten, die Kritik gefallen müssen, subjektiv beliebig zu sein. Für uns Yogis kein Problem, weil wir die subjektive Erlebnisperspektive gar nicht ausblenden wollen. 

Warum das wichtig ist? Weil mit dem Fortschritt der empirischen Forschung der Anspruch wächst, das Bewusstsein in naturwissenschaftlichen Kategorien zu messen. Nothing wrong with that: Geistige Prozesse sind faktisch neuronale Prozesse. Tatsache ist aber auch, dass wir, während wir uns beim Denken zusehen, in einer bestimmten Stimmung sind, an einem bestimmten Ort, niemals nur eine, sondern immer vielfältige Wahrnehmungen haben, all das aber als einheitliches Ereignis erfahren. Um sich dieses Theater genau anzusehen, brauchen wir neben Kernspintomografien auch die Fähigkeit, zu verstehen, dass wir nicht nur neuronal ticken, sondern auch moralisch, politisch, mal weniger lustiger gestimmt, mal mehr. Also, von wegen Hard Science.

Schließt einfach für einen Moment die Augen und stellt euch ein verwittertes altes Kloster in der Nähe von Florenz vor, in dem eine Familie seit Jahrzehnten unter gar nicht mal so einfachen Bedingungen Wein anbaut. Habt ihr die trockene Erde vor Augen, die Zitronenbäume, den tiefen Schatten neben dem Pond, den Geruch nach Torte all’arancia, Basilikum, wildem Fenchel und gefüllten Artischocken aus der Küche? Die ganze Arbeit, die die Leute da reinstecken, damit wir dort eine fantatische Zeit haben können? Wieder in die Locanda Casanuova zu fahren, fühlt sich richtig an und wir freuen uns riesig. So deep is my love. (Nur noch Warteliste) 

Die nächsten Retreats sind:

24 – 29 Juli YOGA & DETOX  bei Susanne Kaufmann SPA im Bregenzer Wald. Ein Bergsommer-Retreat wie aus dem Bilderbuch, ein gigantischer Yoga- und Meditationsraum mit Blick ins Tal, endlose Spaziergänge zwischen den Yogaklassen, das Sole-Becken direkt unterm Himmel, Walderdbeeren, Brennnesselsalat, Heidelbeeren, handgewebtes, feines Bregenzerwälder Leinen als Bettwäsche, würzige Bergkäse, „Farm to Table“, aber auch köstliche Detox Cuisine ohne Flugmangos, und der einzige Platz, an dem ich sowas wie Beauty-Behandlungen machen würde) 21 – 24 September Radiance Retreat. Ein 4-Tage Retreat im Kornspeicher auf Rügen. Der Klassiker. Plätze gehen schnell weg und alle wollt ihr in eure Lieblingszimmer!

15 – 21 Oktober YOGAHIKES X SWIMSTORIES. Ein 6 – Tage Retreat im Casa Wald auf Mallorca. Achtung, Limited Space. Tatsächlich wollen gerade alle im Meer kraulen lernen und, glaubt uns, es gibt keine bessere Vorbereitung (an Land) dafür als Yoga.

7 – 10 Dezember YOGA FÜR DEN RÜCKEN. Ein 4 – Tage Retreat mit meiner erfahrenen Kollegin Daniela Bläsing. Besonders geeignet für Anfänger und Männer. 

Und vom 4 – 7 Januar sind wir im Hotel Mondschein in Bozen. Informationen folgen. (Danke, C, fürs Einfädeln)

Zum Schluss, weil heute Muttertag ist, ein Feiertag, den ihr getrost vergessen könnt, weil er im Nationalsozialismus zum offiziellen Feiertag erklärt wurde, ein Filmtipp meiner Tochter: „Saint Omer“ von Alice Diop über Frausein, Muttersein, Herkunft und eine unbegreifliche Tat. Werde ich meiner Mutter, die 84 Jahre alt ist, auch empfehlen, am liebsten zusammen mit ihr hingehen. Hoffentlich läuft er noch irgendwo.

Ciao for now


Kristin

PS:
Hier könntet ihr bei Wikipedia den legendären Aufsatz zum Objektivitätsdilemma in Thomas Nagel’s Aufsatz „What is it like to be a bat?“ nachschlagen. 

Hier entlang zu einer kritischen Perspektive der Neurowissenschaften. 

Und hier gehts zur schon bisschen älteren Pilotstudie der Boston University von 2020 zu Yoga, Depression und dem Neurotransmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure), der zu den beruhigenden Botenstoffen gehört. Das Ergebnis irgendwie keine Überraschung: Yoga hebt den Spiegel von GABA im Gehirn an, aber es kommt natürlich auf die Details an.

PPS: Und, liebste D, ich habe noch deinen hübschen weißen Wollschal, den du auf Rügen vergessen hast. Übergabe Café am Neuen See demnächst? 

Das sind Ute und ich, als wir aushecken, was im Oktober im YOGAHIKES X SWIMSTORIES Retreat alles Tolles passieren wird.